Die spielerische Materialfreude der aus der Geschichte schöpfenden Postmoderne fand bei der Neugestaltung des Sitzungssaals im Perchtoldsdorfer Rathaus durch Hans Hollein in der originalen Bausubstanz einen kongenialen Mitspieler.

Äußerlich hat das Rathaus, das Gebäude war zuerst ein Bürgerhaus und dient seit 1554 als Rathaus, seine spätgotische Anmutung bewahrt. Die hochgezogenen Giebel, die Erker, die A-Secco-Malerei sprechen in der Architektur von der Selbstbewusstwerdeung des Bürgertums.
Mitte der 1970er Jahre wurde Hans Hollein eingeladen, den Sitzungssaal umzugestalten. Hollein, der 1974 den zur Ikone avancierten Juwelier Schullin am Kohlmarkt fertiggestellt hatte und sich in München für die Geschäftsleitung der Siemens AG mit Um- und Neubau sowie Interieur, auseinandergsetzt hatte, reagierte materiell kraftvoll und ornamental lustvoll auf die historische Prachtentfatung des Sitzungssaals. Auf die barocke Stuckdecke von 1700 antwortet dialogisierend der ovale Ratstisch, dessen tief abgesenkte Platte aus Marmorintarsien besteht. Auf das Rundum der Bildnismedaillons der Pertchtoldsdorfer Marktrichter aus den Jahren 1530 bis 1737 antwortet das Arrangement der Mehrfachrückenrundungen der Stahlsessel mit ihren dunkelgelb leuchtenden Sitzen rund um den ovalen, raumkonstituierenden wie in sich einen Raum erzeugenden, tiefenwirkenden Ratstisch. Die Wand unter den Medaillons wird von einer beschwingten Welle erfasst. Die Formensprache der Geschichte dynamisiert sich in den exklusiven Materialien in ihrer gegenwärtigen Kompositionskraft.