architekturlandschaft.niederösterreich
Objekt

ArbeiterInnensiedlung Marienthal

Ort

2440 Gramatneusiedl
Hauptstraße 43, 45, 47,
Wien - Umgebung
Industrieviertel

Bautentyp

Wohnhaus Siedlung

Baustoffe

Ziegel

Projektstatus

ausgeführt

Chronologie

Baubeginn: 1840
Fertigstellung: 1882

Lage

48° 1' 24'' N
16° 29' 34'' E


Lageplan Lageplan

Für die Marienthaler Textilfabrik wurden in den 1840er Jahren die ersten ArbeiterInnenwohnhäuser errichtet. Die heute erhaltene Siedlung stammt aus der Zeit von 1869 bis 1882 und gehört zu den ältesten erhaltenen in Österreich, die in der Originalstruktur erhalten geblieben sind.

Die beidseitig der Straße angelegten Wohnhäuser wurde unter Denkmalschutz gestellt und in den 1980er Jahren von Architekt Josef Hums mit großer Sorgfalt saniert, der selbst aus Gramatneusiedl stammt und mit einer Nachfahrin von Justine Kopecky verheiratet ist, deren Biographie in der berühmten Studie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ dargestellt wurde. Die Baumwoll-Spinnerei hatte 1929 als Großbetrieb 1400 Beschäftigte, musste jedoch aufgrund der Weltwirtschaftskrise 1930 ihre Produktion beenden. Der Sozialdemoktrat Otto Bauer soll zur Studie der Arbeitslosigkeit in Marienthal die Anregung gegeben haben. Die Texte der Sozialreportage, die 1933 erstmalig veröffentlicht wurde, gehen auf Maria Jahoda, Paul F. Lazarsfeld und Hans Zeisel zurück. Internationaler Durchbruch gelang der Studie, die sich bemerkenswerterweise gleichermaßen weiblicher wie männlicher Arbeitslosigkeit und ihrer unterschiedlichen Wirkung widmete, erst 1971 mit der englischen Erstveröffentlichung.

Literarischen Niederschlag erfuhr die Siedlung auch in Adelbert Muhrs „Reise um Wien in achtzehn Tagen“ von 1974: „Die platzartige Erweiterung geht in den erdigen Hinterhof über, wo man vom Freien durch Glastüren, eine langhin an der anderen, direkt in die ebenerdigen Wohnungen kommt. Ihre Wohnung besteht aus Kabinett und Küche. Darüber zieht sich im Stockwerk eine offene Galerie hin mit den gleichen Wohnungen. Es gibt auch junge Frauen, spielende Kinder und allerlei Hausgetier. An der Hofmauer gegenüber enthüllen unzählige halboffene Türen eine endlose Reihe von Holzlagern und Aborten, die eher den Namen Latrinen verdienen.“ (S. 158)

Vor der Sanierung durch Josef Hums bestanden noch die Plumpsklos in den Holzbaracken. Wasser gab es nur in Brunnen. Heute noch bewohnen vor allem alte Menschen und GastarbeiterInnen die aneiandergereihten Zimmer-Küche-Wohnungen, die diese während des Umbaus nur für einen Tag verlassen mussten. Die Wohnbereiche im Obergeschoss werden über einen offenen Pawlatschengang erschlossen. Den Wohnhäusern gegenüber liegen gemauerte Schuppenzeilen.

Nach einem Zwischenspiel wurde 1961 die Textilfabrik endgültig geschlossen. Ein Teil des Werksgeländes wird heute von der „Para-Chemie“ genutzt.

Text: Theresia Hauenfels
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