Evangelischer Kirchenbau in Niederösterreich kann zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwei große Namen aufweisen: Josef Hoffmann mit der Waldkirche in St. Aegyd am Neuwalde von 1903 – auf einem Grundstück, das Karl Wittgenstein gestiftet hatte – und der deutsche Architekt Otto Barning, von dem die evangelische Kirche in Krems aus dem Jahr 1913 stammt.

Im aktuellen Baugeschehen der evangelischen Kirche Niederösterreichs nimmt Klosterneuburg eine herausragende Position ein. Für die ca. 1600 Evangelischen der Gemeinde augsburgischen und helvetischen Bekenntnisses ist das weiß verputzte ovale Gebäude sichtbarer Ausdruck einer offenen Geisteshaltung. Es gibt keinen Turm, sondern ein schlichtes Stahlkreuz. Über viele Jahrhunderte war es evangelischen Kirchen unter den Habsburgern nicht erlaubt, über einen Turm zu verfügen. In Wels fand 1849 die Grundsteinlegung für die erste evangelische Kirche mit Turm in ganz Österreich statt.

Die Klosterneuburger Kirche ist Ost-West orientiert. Über eine kleine runde Öffnung und einen hohen Spalt in der Apsiswand wird Tageslicht in den Versammlungsraum geleitet, der für 160 Personen ausgerichtet ist. Ein hoher Fensterkranz bildet entlang der Südwand bis zum Eingang ein Lichtband. Im Gewölbe der Decke wurden 25 Lichtkuppeln integriert, die im Kirchenraum für spektakuläre Lichtspiele sorgen.

Die Kirche wird zuweilen auch als Konzertsaal genutzt, etwa wenn Klaus Lang und Karlheinz Essl in einem Duo für Barockorgel und Computer auftreten.